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Grundsätze der Vergabe

Grundsätze der Vergabe

Die Vorschriften zur losweisen Vergabe sind sowohl auf gesetzlicher als auch auf Verordnungsebene erfasst. Auf gesetzlicher Ebene sind die grundsätzliche Pflicht zur Auftragsaufteilung in Fach- und Teillose und die Berücksichtigung mittelständischer Interessen in § 97 Abs. 4 GWB geregelt:


(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) …

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

 

Die Aufteilung in Teillose stellt eine mengenmäßige, räum­liche oder zeitliche Unterteilung der Gesamtleistung dar. Somit bezeichnet der Begriff Teillos den Leistungsumfang eines kohärenten, nicht weiter zerlegbaren Loses (OLG Jena, Beschl. v. 15.07.2003 – 6 Verg 7/03). Im Gegensatz dazu sind Fachlose nach Fachgebieten oder Gewerbezweigen getrennte Teile eines Auftrages. Ob ein Teil einer Tätigkeit als Fachlos anzusehen ist, wird nach den gewerberechtlichen Vorschriften und der allgemein oder regional üblichen Abgrenzung bestimmt. Dabei ist auch von Belang, ob sich für spezielle Arbeiten mittlerweile ein eigener Markt herausgebildet hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.07.2007 – Verg 10/07). Der Begriff ändert sich mit den wandelnden Verhältnissen am Markt und kann mithin nicht als fest betrachtet werden. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zwecks des Gebots einer Vergabe nach Fachlosen ist dies nachvollziehbar. Zum einen dient sie dem Ziel einer fachlich hochstehenden Auftragsdurchführung, das durch eine – bei einer Fachlosver­gabe erleichterten – Beteiligung spezialisierter Unternehmen gefördert wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.07.2007 – Verg 10/07). Auf der anderen Seite wird dadurch die Beteiligung möglichst vieler Unternehmen am Vergabeverfahren erleichtert. Dies ist ebenso Ziel des § 97 Abs. 4 GWB (§ 97 Abs. 3 GWB a.F.). Eine Auslegung, die die aktuellen Marktverhältnisse im Blick hat, wird beiden Zwecken am ehesten gerecht. Exakt diese Überlegungen spielen im Bereich der Außenwerbung eine wichtige Rolle, da die Bandbreite der agierenden Unternehmen sehr groß ist – vom multinational agierenden Konzern, dessen Portfolio sämtliche Arten der Außenwerbung einschließlich digitale Medien umfasst, über spezialisierte Unternehmen mit mittelständischen Kapazitäten bis hin zu Kleinunternehmen, die sich auf kleinformatige Werbung spezialisiert haben oder nur regional oder gar lokal tätig sind.

Die losweise Vergabe hat gemäß § 97 Abs. 4 GWB der Regelfall zu sein. Kommt eine solche Ausnahme gemäß § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen in Betracht, hat sich der Auftraggeber eindringlich mit dem Gebot der losweisen Vergabe und den dagegen sprechenden Argumenten auseinanderzusetzen. Eine zusammenfassende Vergabe soll also nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausnahme darstellen. Deshalb sind wir der Auffassung, dass die Pflicht zur prinzipiell losweisen Ausschreibung nicht nur für öffentliche Aufträge gilt (Absatz 4), sondern für alle Ausschreibungen, also auch für (Dienstleistungs-) Konzessionen wie die Vergabe von Werberechten. Denn auch in diesem Markt bedarf es des besonderen Schutzes der mittelständischen und kleinen Unternehmen, damit diese nicht jahrzehntelang vom Markt der Außenwerbung auf öffentlichem Grund ausgeschlossen wird!

Allerdings sind ja die Kommunen Herrinnen der Ausschreibungsverfahren. Sie wissen, dass losweise Vergaben nicht nur aus kartellrechtlichen Gründen geboten sind und auch zum Schutz kleinerer, oft lokaler Unternehmen (s.o.), sondern dass sie für die Städte durchweg Vorteile bieten. Eine größere Anzahl potentiell interessierter Unternehmen bietet die Gewähr für Wettbewerb um die zu vergebenden Lose und damit für optimale Angebote. Dagegen fallen mit der Zusammenfassung von Losen vermeintlich verbundene Vorteile wie die Entlastung von Koordinierungsaufgaben (nur ein Ansprechpartner auf Auftragnehmer­seite, Vermeidung von Schnittstellen, erleich­terte Verfolgung von Mängelansprüchen u. ä.) nicht ins Gewicht; sie sind im Übrigen auch kein Rechtfertigungsgrund für das Absehen von einer losweisen Vergabe (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.03.2012 – Verg 82/11).

 

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